Für etwas verantwortlich zu sein, bedeutet, sich zu verpflichten und dafür zu sorgen, dass – im Rahmen der eigenen Möglichkeiten – alles möglichst gut läuft, indem das jeweils Richtige und Notwendige getan wird und kein Schaden entsteht.
«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 17. April 2025
Der Verantwortliche wird für die Folgen zur Rechenschaft gezogen, da sie dessen erklärte Pflicht waren. So die allgemeine Worterklärung des Verantwortungs-Begriffs.
Eines der grössten Probleme unserer Zeit ist die weit verbreitete Verantwortungslosigkeit. Ich würde sie gar als «Seuche» bezeichnen, von der besonders die Politik betroffen ist. Sie ist der Ort, wo Macht hin delegiert wird und wo ausgewählte Persönlichkeiten (im Idealfall demokratisch legitimiert) im Namen anderer Entscheide fällen, die direkte Auswirkungen auf die Gemeinschaft haben. Umso wichtiger ist in der Politik eine höchsten Ansprüchen genügende Verantwortungskultur. Denn Macht ohne Verantwortung begünstigt Willkür und führt zu Vertrauensverlust.
Leider hat die Sphäre der politischen Gremien und der staatlichen Behörden die grösste Mühe mit der Übernahme von Verantwortung. Wenn im privaten Umfeld unsere Mitmenschen oder in der Privatwirtschaft unsere Dienstleister verantwortungslos handeln, hat dies für sie unmittelbare Folgen. Die soziale Kontrolle sorgt dafür, dass unser Gegenüber nach der ursprünglichen Wortbedeutung des Begriffs reagiert. Ein Unternehmen, das Waren in mangelhafter Qualität oder zu spät liefert, wird sich bei uns in der Regel entschuldigen und den Fehler korrigieren. Ein Mitmensch, der sich nicht an eine Abmachung hält, ist gut beraten, diesen Fehler auszubügeln und nicht zu wiederholen – ansonsten riskiert er, von seinem Umfeld gemieden zu werden.
In der Politik haben wir das Problem, dass selten bis nie Verantwortung für Fehlentwicklungen übernommen wird – und es oft keine Konsequenzen hat, sich der Verantwortung zu entziehen. In Staat und Politik werden grosse Anstrengungen unternommen, alle Prozesse so auszurichten, dass bei Misserfolgen nichts auf einzelne Entscheider zurückzuführen ist. Beispiele gibt es ohne Ende: Das Desaster mit eritreischen Asylmigranten – verantwortlich war Bundesrätin Sommaruga. Die Energiestrategie 2050 – verantwortlich war Bundesrätin Leuthard. Beide sind längst nicht mehr im Amt und mussten für die Kollateralschäden nie geradestehen. Dafür geniessen sie eine lebenslange Bundesrats-Rente von über 200’000 Franken pro Jahr. Hier liegt der Hund begraben – ohne Verantwortungsbewusstsein wird sich nichts ändern.
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