Parlamentarischer Sündenfall

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Die NZZ machte vor ein paar Wochen einen ordnungspolitischen Sündenfall publik, der selbst vielen Parlamentariern erst spät bewusst wurde – und der nun schnellstmöglich wieder korrigiert werden muss.

«Schlusspunkt»-Kolumne von Anian Liebrand, erschienen in der «Schweizerzeit» am 10. Oktober 2025

Ausgerechnet im Rahmen des sog. «Kostendämpfungspakets 2», das diverse Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen beinhalten sollte, hat das Parlament nämlich im Frühling 2025 entschieden, dass die Krankenkassen bei Schwangeren ab Beginn der Schwangerschaft alle medizinischen Kosten übernehmen müssen. Ab 2027 werden damit in der Schweiz sämtliche Abtreibungen komplett «gratis» – selbst «nicht-somatische » Schwangerschaftsabbrüche, also solche, bei denen das Leben der Mutter durch die Schwangerschaft aus körperlichen Gründen nicht direkt bedroht ist.

Dieser Beschluss ist ein Paukenschlag, der links-progressive Kreise jubeln und die ganze Welt erstaunt auf die beschauliche Schweiz blicken lässt. Wie ist es nur dazu gekommen, dass ein solch umstrittenes, ethisch höchst sensibles Thema ohne parlamentarische Debatte durchgewunken wurde? Abklärungen haben ergeben, dass die zuständigen Parlamentskommissionen den «Bock geschossen» haben – dort, wo das entsprechende Kostendämpfungspaket vorberaten wurde. Es wurde offenbar schlicht übersehen, dass die Verwaltung in den vorbereiteten Entwürfen die Kostenübernahme auf Abtreibungen ausgedehnt, ja man muss fast sagen, reingeschmuggelt hatte. Als kritische Parlamentarier, allen voran jene der EDU, dies im Rat bemerkt haben, war es nicht mehr möglich, eine Diskussion zu verlangen.

Im Rahmen eines Massnahmenpakets zur Kostendämpfung Beschlüsse zu fassen, welche die öffentliche Hand finanziell zusätzlich belasten, ist rein ordnungspolitisch betrachtet bereits grob irreführend. Bundesrat und Verwaltung wissen zudem haargenau, dass viele Menschen Abtreibungen aus ethisch-moralischen Gründen ablehnen und mit Bezug auf die verfassungsrechtlich garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit (BV, Art. 15) auch keine solchen mitfinanzieren wollen. Dass man quasi durch die Hintertür einen solchen Dammbruch vollzog, ist skandalös. Ebenso bedauernswert ist, dass das Parlament dieses Spiel mitgespielt hat – aus Unachtsamkeit oder (was zumindest bei den Linken klar ist) mit voller Absicht, sei mal dahingestellt. So oder so hat das Parlament dadurch seine politische Verantwortung vernachlässigt und seine Glaubwürdigkeit beschädigt.

Zum Glück haben die beiden EDU-Nationalräte bereits einen Vorstoss eingereicht, um den Sündenfall wieder zu korrigieren. Nun wird sich zeigen, ob der Rest des Parlaments auch dazu bereit ist.

Der Beitrag Parlamentarischer Sündenfall erschien zuerst auf Anian Liebrand.

  

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